Der kölsche Maibaumbrauch Alles nice macht der Mai

Maibaum, Köln – ©Pixabay

Der Maibaum – plötzlich steht da am Morgen des 1. Mai etwas im Treppenhaus oder vor der Haustür. Der Brauch männlicher Verehrer, junge, aufwendig verzierte Birken vor oder am Haus ihrer Angebeteten aufzustellen, wirkt nur auf den ersten Blick verwirrend. Was es mit der Tradition auf sich hat und was es mit dem Aufstellen der Liebesmaien auf sich hat, erklären wir (auch für Neu-Kölner).

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Ein Traum in Birke!
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Der Maibaum als Crowdpleaser

Während die kleinen Maibäume vor einzelnen Häusern traditionell bedingt insbesondere im Rheinland, dem Saarland, dem Bergischen Land oder in Franken zu finden sind, ist das Errichten eines häufig über 50 Meter messenden Maibaums auf dem Dorfplatz deutlich weiter verbreitet. Hierbei wird der Baum von einzelnen Teilen der Dorfgemeinschaft am Vorabend des 1. Mai in Begleitung eines Prozesszugs zum Dorfplatz gebracht. Während sich häufig die jüngeren, alleinstehenden Männer bemühen den Baum aufzustellen, vertreiben sich ZuschauerInnen die Wartezeit nicht selten mit Bier und Bratwürstchen. Ist der Baum erfolgreich aufgestellt, beginnt häufig ein Maitanz um den Baum. Doch welchen Regeln folgt das Aufstellen der kleinen Maibäume in Köln?  

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Muss es immer Birke sein?
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Birke statt Rose: ein Bäumchen für alleinstehende Frauen

In Köln müssen Männer ihre Maibäume ohne Hilfe ihrer Freunde am Vorabend des 1. Mai vor den Häusern ihrer umworbenen Frauen aufstellen. An Schaltjahren sind Frauen angehalten Bäume vor den Häusern der Männer aufzustellen. Hierfür werden in der Regel jungen Birken verwendet, die individuell geschmückt werden. Im Gegensatz zur Maibaumtradition im ländlichen Raum messen diese Bäume jedoch nur selten mehr als drei Meter. Die Herausforderung besteht vielmehr darin die Liebesmaie so geschickt anzubringen, dass konkurrierende VerehrerInnen sie nicht noch in der Nacht auf den 1. Mai entfernen, um sie mit der eigenen Liebesmaie zu ersetzen. Wie man die Liebesmaien schmücken sollte, verraten wir im nächsten Abschnitt.

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All colours are beautiful – klotzen statt kleckern!

Es empfiehlt sich den Maibaum – der kölschen Tradition gemäß – an einer Regenrinne des Hauses zu befestigen, in dem die verehrte Person lebt. Da der geschmückte Baum den gesamten Mai über dort stehen wird, sollte für die Dekoration der Maibirke ausschließlich wasserfestes Krepppapier verwendet werden. Andernfalls droht bei Regen ein Abfärben des Papiers auf die Hauswand und, im schlimmsten Fall, eine vorzeitige Entsorgung des Baums durch den Hauseigentümer. Das Kernstück der Liebesmaie in Köln bildet jedoch das Herz, auf dem Name der verehrten Person vermerkt wird. Das Herz kann praktisch aus allen Materialien gebastelt werden. Allerdings sollte das Herz im Hinblick auf die Witterungsverhältnisse zumindest aus Holz sein, da sonst die Gefahr besteht, dass der Name über die Wochen unleserlich wird und der Schwarm verärgert wird. Dies kann insbesondere bei der Abholung des Maibaums unschöne Folgen mit sich bringen.

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Bier, Senf oder Hochzeit: diese Folgen hat der Maibaumbrauch

Hat der Verehrer oder die Verehrerin sich noch nicht auf dem Herz des Maibaums zu erkennen gegeben, erfährt die umworbene Person spätestens am Tag der Abholung die Identität seines Aufstellers: wenn der Maibaum am letzten Tag im Mai abgeholt wird, gebiert es die Tradition, dass der Vater der umworbenen Person den Urheber oder die Urheberin des Maibaums belohnt. Diese Tradition rührt daher, dass insbesondere ledige Frauen ursprünglich bis zur Eheschließung im Haus ihrer Eltern wohnten. War ihr Vater zufrieden mit Maibaum und Verehrer seiner Tochter, war die Belohnung in den meisten Fällen eine Kiste Bier. Fiel das Lob für Baum und Besitzer weniger gnädig aus, gab es immerhin noch ein Glas Senf. Traditionell erhielt die Verehrte nach drei Maibäumen des gleichen Verehrers einen Heiratsantrag.

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Was der Maibaum in Köln im 21. Jahrhundert bedeutet

Auch wenn sich die Lebensumstände für Frauen und das Einholen der Heiratserlaubnis beim Vater der Braut durch den Verehrer nicht zuletzt im Rahmen der Emanzipierung der Frau verändert haben, besteht die Maibaumtradition auch im Köln des 21. Jahrhunderts. Inzwischen stellen aber auch häufiger zusammenlebende Paare füreinander Maibäume auf. Zusätzlich wird es im Stadtgebiet schwieriger (und strafbarer) selbst eine junge Birke zu fällen, sodass Liefertaxis im Auftrag ihrer Kunden sogar Dekoration, Lieferung und Abholung der Maibäume übernehmen. Bei der Abholung durch den Lieferservice wirkt allerdings keine Belohnung für den Verehrer oder die Verehrerin. Mit etwas Glück erhalten sie auch noch heute eine Kiste Bier. Meistens nicht mehr vom Vater der umworbenen Person aber das hat bisher noch niemanden gestört.

Und jetzt raus in die Natur: