Der Kölner Dom ist nicht nur Wahrzeichen der Stadt met K, sondern auch die Kathedrale des Erzbistums Köln. Über einen Zeitraum von mehr als 600 Jahren erbaut, ist der Dom in Köln gleichzeitig auch eine der wichtigsten Monumente für das römisch-katholische Christentum in Deutschland. Am 3. Februar 1965 beendeten dort hunderte muslimischer „Gastarbeiter“ den Fastenmonat Ramadan mit einem Gebet nach Mekka. Ein wichtiges Zeichen für Toleranz, Verständigung und des Austauschs in einer Zeit, die auch von Vorurteilen geprägt war. Doch welche Schritte bewegten die Verantwortlichen die Kirche sich den Anhängern einer anderen Religion zu öffnen?
1965 lebten und arbeiteten insgesamt etwa 48.000 Gastarbeiter in Köln – ein Anteil von etwas weniger als 6 % aller damaligen Bewohner Kölns (854.479). 2000 der 48.000 Arbeitsmigranten waren Türken. Im Gegensatz zu den Arbeitern anderer Länder, wie etwa Spanien oder Italien, trennte sie nicht nur die Sprache von der deutschen Bevölkerung. Auch ihre Religion und die unterschiedlichen Ausprägungen des Islams waren für viele ihrer Vorgesetzten, Kollegen und Nachbarn oft neu und stießen bisweilen auf Ignoranz und Ablehnung. Nur wenige Jahre vor der weltoffenen Geste Kölns den Kölner Dom für türkischen Muslime Kölns zu öffnen, war der geplante Bau einer Moschee für muslimische Studierende in Aachen noch auf heftige Proteste der katholischen Kirche gestoßen. Wie also war es der Kirche in Rom möglich diese strikte Haltung zu reformieren?
Nachdem Johannes XXIII. im Juni 1963 verstorben war, wurde Giovanni Battista Enrico Antonio Maria Montini noch im selben Monat als neuer Papst gewählt und nahm den Namen Paul VI. an. Er leitete das Zwei Vatikanische Konzil, das im Herbst 1962 von seinem Vorgänger einberufen worden war, bis zum Abschluss im Winter 1965, weshalb er auch als „Konzilpapst“ bezeichnet wird.
Das Zweite Vatikanische Konzil wurde von Außenstehenden als bedeutsame Korrektur Roms in Bezug auf ihre Haltung gegenüber Andersgläubigen begriffen. Für die katholische Kirche sei „niemand fremd, niemand ausgeschlossen, niemand fern“ heißt es im Epilog des Konzils. Der Papst selbst hatte sich für Toleranz gegenüber dem Islam ausgesprochen und betont, dass die Anbetung eines einzigen Gotts im Islam und die Gottesverehrung der Muslime die Achtung aller Katholiken verdiene. Doch wie wurde diese Öffnung ihrer Religion von Kölner Katholiken bewertet?
Vor diesem Hintergrund überrascht es also nicht vollkommen, dass auch das Kölner Domkapitel mit dem Einverständnis von Kardinal Frings seine Türen am 3. Februar 1965 für das Fastenbrechen im Kölner Dom öffnete. Kardinal Frings war als Teil des Zweiten Vatikanischen Konzils und ist bis heute der einzige Erzbischof Kölns, dem die Ehrenbürgerwürde verliehen wurde.
In der Presse und in vereinzelten Teilen der Bevölkerung wurde dem Akt jedoch auch mit Skepsis begegnet. So erschien es beispielsweise für die Kölnische Rundschau durchaus bizarr, dass Muslime auf den Steinen beten sollten, auf denen 1147 Bernhard von Clairveaux zum zweiten Kreuzzug betete. Türkische „Gastarbeiter“ sahen sich regelmäßigen Vorurteilen ausgesetzt und hatten Lokalverbote in einigen Kölner Kneipen, da die Wirte den Türken Aggressivität unterstellten. Welche Bedeutung hatte also das Gebet im Kölner Dom in diesem Klima?
Als Gebetsteppiche am 3. Februar 1965 im Schatten des Altars zwischen Kruzifixen ausgebreitet wurden und ein Imam den Gottesdienst leitete, wurde Religionsgeschichte geschrieben: es war das erste Mal, dass ein muslimischer Gottesdienst in einem christlichen Gotteshaus stattfand. Dieses Zeichen der Verständigung wurde insbesondere von den betenden Muslimen im Kölner Dom als wichtige Geste der Brüderlichkeit verstanden und vielen warfen beim Verlassen der Kathedrale Geld für den Wiederaufbau der Kathedrale in den Opferstock.
Auch wenn seit 1965 kein weiteres muslimisches Gebet im Kölner Dom stattfand, steht der Bau weiterhin als Symbol Menschlichkeit für Köln und seine Bewohner. So veranlasste Norbert Feldhoff, der bereits 1965 Domprobst gewesen war, im Januar 2015 als Protest gegen eine Demonstration der Kögida die Dombeleuchtung auszuschalten und betonte damit auch die Rolle des Doms als Symbol für eine offene und tolerante Gesellschaft.