Es wird heiß gestritten in den Medien und auf der Straße: die Konsumenten verlangen zurecht mehr Nachhaltigkeit, viele Landwirte ringen in diesem System um ihre Existenz. Der Einzelhandel nimmt dem Konsumenten die Kaufentscheidung ab, indem dieser eine begrenzte Anzahl an normierten, geschmacksarmen, jedoch optisch ansprechenden Sorten anbietet. Diese systemische Unverschämtheit wollen die „Marktschwärmer“ beenden und ganz nebenbei noch die Kommunikationslücke zwischen Produzenten und Endverbrauchern schließen.
Die Bewegung, die ursprünglich aus Frankreich ausschwärmte, ist als Lebensmittellieferant in Köln und anderen europäischen Städten tätig. Doch was heißt das konkret für den bequemen Städter (mich eingeschlossen)? Das bedeutet: Ich benutze von Zuhause eine userfreundliche App, bestelle meine glücklichen Kartoffeln aus der Region sowie was mein Herz noch so begehrt und hole das Ganze ab – an einem festgelegten Termin in der Woche. Wenn dann alle ihre bestellten Produkte abholen, entsteht ein Gedrängel wie auf dem Markt, nebenher kann auch genetzwerkt oder getratscht werden. Wir haben uns ausgedehnt mit „Marktschwärmer“-Botschafterin Katharina Schwarz unterhalten, die den Ehrenfelder „Marktschwärmer“-Markt ins Leben rief.
Das Sortiment ist laut Katharina in jeder „Marktschwärmer“-Filiale unterschiedlich, bedingt durch klimatische und geographische Parameter. Mittlerweile gibt es fünf Standorte in Köln, unter anderem auch in der Südstadt, Nippes, Sülz sowie Mülheim. An jedem der Standorte wird auf Transparenz, Saisonalität und Regionalität gleichermaßen geachtet: So kann es durchaus sein, dass die Landwirte*innen morgens den Wildkräutersalat pflücken und dieser am selben Tag beim Konsumenten auf dem Teller landet. Es ist nämlich nicht um die halbe Welt geflogen, sondern stammt aus der Region. Übrigens ist auch amüsant (fun fact), dass das Gemüseparadies linksrheinisch zu verorten ist, während Viehzucht primär rechtsrheinisch, Richtung Bergisches Land, betrieben wird. Für mehr exklusives Insiderwissen, das wir hier nicht ausführen können, empfiehlt sich das Gastgebertreffen mit Häppchen, Wein und geselligen Gesprächen.
Die Produkte sind nicht nur geschmacklich ein Erlebnis, es wird oft nur das geerntet, was konsumiert wird. Vieles lässt sich doch im Boden besser lagern als in den vielen Kühltheken und Plastiktüten, die Vitamine und Aromen ruinieren.
Apropos Plastik, vor Ort könnt Ihr Euer loses Gemüse in selbstgebrachten Beuteln, Tupperdosen, sämtlichen anderen Behältnissen, aber natürlich auch mit bloßen Händen heimtransportieren und dazu beitragen, dass die von der Lebensmittelindustrie verursachten Müllberge kleiner werden.
Rund 25 Erzeuger machen regelmäßig mit, das ergibt ein buntes Sortiment an Käse, Brot, Wein, Obst und Gemüse – sogar regional angebauter Quinoa hat sich eingeschlichen. Spannend ist auch, dass unterm Colonius, (wer hätte das gedacht?) reichlich Stadthonig fließt und die „Marktschwärmer“ die einzigen sind, die diesen vertreiben. Biodiversität ist einfach spaßiger: der/die Landwirt*in experimentiert und erforscht untergangene Sorten oder wilde Varianten, die Verbraucher erfreuen sich an extravagantem Püree aus lilafarbenen Kartoffeln. Schön ist der kindliche Enthusiasmus, wenn Rosenkohl am Stiel zum Schwert umfunktioniert wird und Stadtkindern ein bodenständiger Umgang mit Gemüse vermittelt wird. So finden beim „Marktschwärmer“ auch Produkte Unterschlupf, die natürliche Witterungsspuren, etwa von Hagel oder Trockenheit, aufweisen. Der sogenannte Soliapfel wird zu einem günstigeren Preis angeboten und damit gerettet. Die Natur hinterlässt nun mal Spuren – was der Apfel längst weiß, darf der Mensch so langsam auch mal lernen.