Was bedeutet Kölner Rhein-Aufräum-Kommando-Einheit? Was kann man sich unter einer Müllfalle vorstellen und wie 75 Tonnen Müll? Jan Odenthal von dem Verein K.R.A.K.E. e.V. ist mit uns im Gespräch und gibt Antworten.
Wir sind Deutschlands größte ehrenamtliche Müllsammelgruppe und veranstalten regelmäßig Müllsammelaktionen am Rheinufer und in den Kölner Grünflächen. Der herumliegende Müll sieht nicht nur unschön aus, sondern gefährdet auch unsere heimische Tierwelt. Igel können in Verpackungen steckenbleiben, Wasservögel können an Plastikmüll ersticken und der Rhein transportiert jeden Tag gut eine Tonne Müll in die Nordsee und ins Weltnaturerbe Wattenmeer. Jedes Gramm Müll, welches aufgesammelt wird, hilft und gleichzeitig wollen wir unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger – aber auch Unternehmen – zu einem besseren Umgang mit dem Thema Müll und Verpackungen animieren.
K.R.A.K.E. steht für Kölner Rhein-Aufräum-Kommando-Einheit. Klingt vielleicht ein bisschen militant, das sind wir aber ganz und gar nicht.
Mich hat es schon immer gestört, wie wir Kölner einerseits die Liebe zu unserer Stadt besingen und gleichzeitig insbesondere unsere Stadtnatur vollkommen im Stich lassen. Früher habe ich allein oder mit Freunden im eigenen Veedel Müll gesammelt. 2017 bin ich dann auf die von Christian Stock ins Leben gerufene K.R.A.K.E. gestoßen und dort hängen geblieben.
Aktuell haben wir fast 350 Vereinsmitglieder. Wobei natürlich nicht nur Mitglieder zu unseren Sammelaktionen kommen, sondern alle Menschen, die uns unterstützen möchten. Unser Newsletter versorgt aktuell knapp 1.500 Helferinnen und Helfer mit Infos zu unseren Veranstaltungen. Diese finden in der Regel fast jedes zweite Wochenende statt. Im Winter etwas seltener. Seit 2021 wiegen wir den von uns gesammelten Müll und sind dabei mittlerweile auf über 75 Tonnen gekommen. Das entspricht etwa 1.500 der großen 500 Liter Müllcontainern der AWB.
Genau, zum Beispiel die Gaffel Brauerei, welche uns schon seit Längerem unterstützt. Auch für unser Großprojekt der Müllfalle auf dem Rhein konnten wir einige Unternehmen als Sponsoren und Spender gewinnen.
Wir sind überzeugt, dass es wichtig ist, bei den Jüngsten anzufangen. Viele Kinder bekommen das Thema nicht unbedingt von zuhause aus mitgegeben. Darum gehen wir zum Beispiel direkt in die Schulen. Ebenso gibt es Dinge, die einfach zu wenig bekannt sind: Viele Raucherinnen und Raucher sind sich zum Beispiel nicht bewusst, dass der Filter einer Zigarette aus Plastik besteht und beim Wegschnipsen natürlich auch die ganzen Giftstoffe in der Natur und im Grundwasser landen. Auch die Müllblindheit vieler Menschen ist ein Problem. Letztes Jahr haben wir am Ebertplatz Wäscheleinen gespannt und den dort gesammelten Müll daran aufgehangen, um ihn sichtbar zu machen.
In unserem Müllseum in Humboldt-Gremberg stellen wir besonders alte oder kuriose Fundstücke aus. Es befindet sich in der Burgenlandstraße 3A und hat aktuell donnerstags zwischen 15 – 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist kostenlos und wir bieten Gruppenführungen, zum Beispiel für Schulklassen, außerhalb der Öffnungszeiten an.
Ein großer Moment war für uns alle, als wir letztes Jahr unsere Müllfalle „Rheinkrake“ ins Wasser gelassen haben. Die Müllfalle besteht aus zwei Fangkörben, die zwischen zwei Schwimmkörpern platziert sind. Sie ist auf Höhe der Zoobrücke so im Rhein verankert, dass sie möglichst viel an der Oberfläche schwimmenden Müll abfängt. Der ganze Planungs- und Bauprozess hat 3 Jahre und sehr viele Nerven gekostet. Insbesondere der deutsche Amtsschimmel war uns bei dem Projekt nicht wirklich wohlgesonnen. Trotzdem haben wir uns durchgebissen und nun schwimmt die Rheinkrake und hat auch schon über 10.000 Verpackungen, Plastikflaschen und andere Müllstücke eingesammelt.
Wir brauchen demnächst neue Räumlichkeiten für unser Müllseum. Da führen wir gerade diverse Gespräche. Auch auf politischer Ebene haben wir einige Projekte, die wir versuchen umzusetzen. So werden zukünftig zum Beispiel die Geländer am Rheinufer anders gebaut, sodass Müll von der Promenade nicht mehr so leicht im Fluss landet. Auch werden gerade zwei städtische Spülmobile fit gemacht, womit kleine Veranstalter unterstützt werden sollen. Wir wollen, dass Mehrweg bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum zum Standard wird. Und natürlich gibt es auch einige Ideen für lustige und Aufmerksamkeit erzeugende Veranstaltungen. Man darf gespannt sein.
An unseren Sammelaktionen kann jeder teilnehmen. Eine Anmeldung ist nicht nötig und wir bringen immer Müllsäcke und Handschuhe für alle mit. Alle Termine finden sich auf unserer Webseite und werden meist 2 – 3 Wochen im Voraus geplant. Wer nichts verpassen möchte, abonniert am besten unseren Newsletter. Kleiner Geheimtipp für Köln: Den 09.09.2023 im Kalender notieren. Da findet nämlich der große deutschlandweite Rhine Cleanup Day statt. Wir organisieren an dem Tag wieder eine links- und eine rechtsrheinische Aktion.
Das Kölner Grundgesetz funktioniert in den meisten Situationen ganz gut.
Jeder kann etwas tun. Wenn wir alle besser mit unserem Müll umgehen – versuchen, weniger zu produzieren, ihn richtig trennen und vor allem nicht in der Natur liegen lassen – hat nicht nur die Umwelt etwas davon, sondern auch wir als Bürgerinnen und Bürger. Im Stadthaushalt sind jedes Jahr über 10 Millionen Euro nur für die Beseitigung von wildem Müll vorgesehen. Geld, das wir in Köln gut anders nutzen könnten.
Lieber Jan, ich danke dir sehr herzlich für das offene Interview und euer tolles und wirklich beeindruckendes Engagement bei der Krake. Weitere Infos zur Krake e.V. finden sich auf der Webseite.