Aus Wuppertal stammend, ist Nina Liz Petig über Wien, Südafrika und andere faszinierende Destinationen nach Köln gekommen – und geblieben. Bewegung ist ihre Leidenschaft, daher ist die studierte Ethnologin nicht nur Tanzlehrerin, sondern vor allem Yogalehrerin. Und das nicht nur in ihrem kleinen & feinen Studio im Agnesviertel, sondern auch auf dem Wasser! Denn im Sommer bietet die sympathische und lustige Powerfrau Yogastunden auf dem Stand Up Paddle Board an. Falls sie mal nicht auf dem Wasser oder im Studio ist, könntet ihr Nina beim Yogakurs mitten auf dem Ebertplatz treffen.
„Ich lebe seit 2003 hier, eigentlich aus Zufall. Bei ehemaligen Schulfreunden ist ein WG Zimmer frei geworden. 9 Quadratmeter in Ehrenfeld – als Ehrenfeld noch nicht hip war! Als es noch wirklich cool war.“ Lautes Lachen. „Eigentlich wollte ich ja immer nach Berlin um dort zu studieren. Aber dann bin ich hier geblieben.“ Gut so!
„Oh, gute Frage! Also ich lebe seit 2008 in Nippes, damit ist das wohl mein Lieblingsveedel. Ehrenfeld habe ich auch sehr genossen. Und ich find’s immer total spannend in die Südstadt zu fahren – da ist es wie im Urlaub! Da bin ich nicht oft und jedes Mal wieder begeistert, wie schön es dort ist.“
Nina schmunzelnd: „Seit ich vier bin habe ich getanzt, Ballett. Irgendwann habe ich dann mal Yoga ausprobiert und dachte mir: easy! Ich kann tanzen, dann kann ich auch Yoga! Ist ja wohl nicht so schwierig. Aber der Yogalehrer…“
„Neeee!! Aber er war sehr anspruchvoll und genau – er hat mich daraufhin gewiesen, dass ich an meinen Füßen arbeiten müsste. An meinen Füßen! Das hat mich irgendwie beeindruckt. Und als ich dann in Südafrika war, bin ich morgens um 6 immer mit einer Kommilitonin zum Sonnenaufgangsyoga gegangen. Das war toll. Kurz danach entschied ich mich, Yogalehrerin zu werden.“
Nach kurzem Nachdenken: „Meine Beobachtung ist, dass einige komplett übertreiben. Und andere gar nicht esoterisch sind – was ich auch nicht für sinnvoll halte. Denn ich glaube wenn man Yoga macht, kommt man um ein gewisses Maß an Spiritualität nicht rum. Man kann natürlich auch die Welt bereist haben, ohne wirklich was gesehen zu haben. So machen manche vielleicht Yoga ohne sich dem wirklich zu öffnen. Dann geht es halt nur um die Bewegung – aber das ist nicht Yoga.“
„Interessante Frage! Es gibt natürlich diesen Ansatz oder besser gesagt Studios, in denen das so sein mag. Es wird ja auch dieses Bild vermittelt. Da hängt eine ganze Produktmaschinerie dran. Aber du brauchst keine super teure Yoga-Leggings, nur weil dir das auf Instagram so verkauft wird. Du kannst auch in einer alten Jogginghose Yoga machen. Das muss man einfach kritisch hinterfragen. Aber es gibt auch Institutionen, die Yoga zugänglicher machen wollen. Denn nur weil etwas nach außen hin so wirkt, heißt es ja nicht, dass man das als gesetzt akzeptieren muss. Ich selber habe im Sommer regelmäßig Yoga kostenlos auf dem Ebertplatz angeboten.“
„Lustige Geschichte. Ich habe 2013 als Reisebegleitung auf Sardinien gearbeitet. Und eine Teilnehmerin hatte Bock auf SUP und Bock auf Yoga. Also haben wir SUP Boards ausgeliehen und sind raus aufs Meer. Wir haben dann ein paar Figuren auf dem Brett ausprobiert. Und dann stand sie da auf diesem sehr wackeligen Untergrund und verlor plötzlich das Gleichgewicht. Kennst du das, wenn man versucht sich noch zu fangen und mit dem Armen wedelt? Sie hat gefühlt 10 Minuten gewedelt – und ist dann doch ins Wasser gefallen. Als sie auftauchte rief sie lachend: Habt ihr gesehen? Das war der Kolibri! Ich sagte, wenn ich mal ein Yogastudio eröffne, dann nenne ich es Kolibri. Das bedeutet für mich im übertragenen Sinn auch, mal das Gleichgewicht zu verlieren, zu fallen und daraus was Neues zu erschaffen oder sich auf vorhandene Stärke zu besinnen.“
„Ja, da hätten wir so einen Kolibri!“ und lacht. „Ich mache jetzt alles online! Habe mir Kamera und Stativ besorgt und mich mit der Technik befasst. Zum Glück hatte ich da gute Unterstützung von meinem Cousin. Aber auch von meinen Teilnehmern, die sich auf die Online-Kurse eingelassen haben. Und ehrlich gesagt: ich wollte das schon vorher umsetzen, die Idee war schon da. Und dann kam Corona – und jetzt musste ich es machen! Voll spannend, aber auch voll anstrengend. Ich vermisse auch einfach die Teilnehmer, die Stimmung, die Energie. Und naja, es ist zwischendurch auch einfach beängstigend. Kann ich es schaffen und mein Studio erhalten oder komme ich nicht durch die Krise durch? Aber auch das ist der Kolibri. Also, durchhalten.“
„Es ist natürlich immer lustig wenn jemand während eines Kurses pupsen muss!“
Ja klar, aber das ist völlig normal. Der Körper spannt und entspannt sich, bestimmte Posen begünstigen das Ganze. Das muss aber niemandem unangenehm sein. Sehr amüsant war auch mal ein junger Mann, der zum Vinyasa Yoga für Fortgeschrittene kam. Er und sein Kumpel hatten sich zu diesem Kurs verabredet – nur erschien dieser Kumpel nie. Der hatte nämlich nur einen Spaß gemacht. Der arme Typ hat’s dann aber einfach alleine durchgezogen. Schwitzend, zitternd und wahrscheinlich innerlich fluchtend, aber er hat’s durchgezogen.“
Jetzt muss Nina wirklich laut lachen. „Naja, wenn man Karneval als was Spirituelles einordnet, dann definitiv! Aber schauen wir uns mal das Kölsche Grundgesetz an: Wat fott es, es fott oder et hätt noch immer jot jejange zeugen schon von viel Vertrauen in den Weg des Weitergehens. Da stecken viele Weisheiten drin, die fast schon buddhistisch sind. Nur eben anders ausgedrückt! Also ja, so gesehen empfinde ich die Kölner als spirituell!“
„Die Pandemie und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen greifen stark unser zweites Chakra an, das Sakralchakra. Hier geht es um unsere Lebenslust, Emotionen, Sexualität und Kreativität. Das ist alles nah an unserer Wurzel. Dass man da auch mal negative Gefühle hat, ist absolut verständlich. Und diese Gefühle muss man auch anerkennen. Und sich nicht immerzu zwingen, die ganze Zeit verbissen positiv zu bleiben. Das wird nicht funktionieren. Also, Gefühle anerkennen und sich eine kreative Aufgabe suchen. Zeichnen, handwerken, ein altes Instrument wieder hervorholen, singen. Hauptsache irgendwas. Kreativität hilft dem Lebensfluss. Und man sollte aufräumen, Dinge ordnen – das gibt das Gefühl von Sicherheit und Kontrolle.“
„Erstmal danke. Denn ich habe den Eindruck, dass ein Großteil der Kölner aufeinander achtet, sich an die Beschränkungen hält und dabei die Lebenslust nicht verliert.“ Zwinkernd fügt sie noch hinzu: „Und seid nicht traurig wegen Karneval!“