Silk Road Endlich authentische zentral asiatische Küche in Köln

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Zwei ganze Jahre benötigen Karawanen, um die Strecke der berühmten Seidenstraße zu
bewältigen. Ohne die entsprechende Nahrung ist das für die Kaufleute schwer zu meistern, denn sie sorgt für ausreichende Energie und den Genuss während der anstrengenden Reise. Bekannt ist auch das nahgelegene Pamir, ein Hochgebirge in Zentral Asien mit
atemberaubender Natur. „Das Dach der Welt“, wie man es nennt, ist die Heimat von Damir. Der junge Mann ist 2013 aus Tadschikistan nach Deutschland gekommen, um zu studieren. Nun lebt er hier. „Jahrelang habe ich den vertrauten Geschmack unserer Küche vermisst,“ erzählt er. Offen und mit vielen Versuchen, testete er sich durch das Essen zentral asiatischer Angebote hier vor Ort – leider mit wenig Erfolg. Die Sehnsucht und das Verlangen nach der besonderen Würze seines Herkunftslandes wurde stärker und stärker.
Er begann zu kochen, erst für sich, dann auch für Freunde und Familie, die ihn letztendlich ermutigten, einen großen Schritt zu gehen: Im Juni 2020 eröffnete er sein eigenes Restaurant im Severinsviertel in Köln: Das SILK ROAD. Seitdem kommen Familien angereist – die meisten ebenfalls hergezogen aus der postsowjetischen Region – die die Gefühle mit dem Besitzer teilen: Die Liebe zur Heimat, die lebendigen Traditionen und ihre Leidenschaft zum gemeinsamen Essen. „Menschen, die schon länger in Deutschland sind, besuchen uns, um ihren hier geborenen Kindern endlich einmal zeigen zu können, mit welchem Essen sie damals zuhause aufgewachsen sind. Das zu sehen, berührt mich,“ sagt Damir glücklich. Das zentral asiatische Essen wird oft falsch eingeschätzt, denn es ist nicht nur recht selten gesehen, auch darf es nicht mit dem gängigen asiatischen Essen vom Chinesen oder Vietnamesen verwechselt werden. Das Kerngewürz ist Kreuzkümmel, der das Essen so wunderbar würzig und herzhaft schmecken lässt.

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Autentische Aromen

Die Zutaten, als auch speziellen Gewürze lässt Damir aus Tadschikistan importieren, was jedem Gericht das authentische Aroma verleiht. Das steht für den jungen Restaurantbesitzer, neben der Frische der Produkte, an erster Stelle. „Sobald sich die Corona Lage verbessert hat, die Handelswege wieder frei sind, werden wir nicht nur unser Sortiment erweitern, sondern auch zwei tolle Köche aus der Gegend der Seidenstraße beschäftigen, um noch mehr Tradition in unsere Gerichte einzubauen.“ Damir kann es kaum erwarten.
Kennt ihr Bärlauch? Ein Kraut, das leider in Deutschland nur für kurze Zeit im Frühjahr zu ernten ist. Besonders die großen Teigtaschen, sogenannte Mantys (nicht zu verwechseln mit den Mantys aus der Türkei!), gefüllt mit Kürbis, Rindfleisch oder Kartoffeln, leben von der Intensität des Bärlauchs. Das Gewächs ist folglich für Damirs Küche unverzichtbar. Um dieses Problem zu lösen, arbeitet er nun mit einem Bauern aus NRW in zusammen, der für ihn die Pflanze über das gesamte Jahr anbauen kann, „damit auch im Winter der Geschmack wie gewohnt erhalten bleibt.“ Weitere Gerichte, Nachtische und typische Getreide- und Joghurtgetränke sollen ebenfalls in Zukunft die Karte schmücken. Bisher ist das Angebot überschaulich, jedoch dafür ganz besonders. „Wir bieten nicht nur das touristische Essen der Hauptstädte entlang der Seidenstraße an, sondern die ’normalen‘ Speisen, die die Händler auf ihrer Route essen. Und das sind vor allem große Mengen mit ausreichend Nährstoffen, sodass die Mahlzeiten lange satt halten. Schließlich müssen die Kaufleute über Stunden lange Wege hinter sich lassen.“ Stimmt, hungern will da niemand. Auch das spiegelt sich in den Tellern im Silk Road wider: riesige Portionen, die anregen zu teilen. Das gemeinschaftliche Speisen und Zusammensitzen gehört ebenso zum Ritual, wie das Tee trinken. „Dastarchan – nennt man die Form der traditionellen Art des gemeinsamen Essens bei uns“, erklärt mir Damir. Diese Zeremonie ist in Zentral Asien sehr wichtig. Übrigens: Die Einladung zu einem Tee sollte man nie ablehnen, denn das gilt in der Kultur als unhöflich und Ablehnung der Gastfreundlichkeit und Wertschätzung.

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Plow und Co

Was wird denn aber nun gegessen? Das bekannteste Gericht ist Plow. „Wie sehr habe ich das vermisst!“ lacht Damir. Die aufwändige Art des Kochens macht hier die Einzigartigkeit aus: Bestehend aus Reis, Karotten, Fleisch, Tomaten und vielen Gewürzen werden die Zutaten geschichtet und ohne umzurühren vorerst angebraten. Dann durchlaufen sie den Prozess des Kochens, gefolgt vom anschließenden Dämpfen. Erst nach diesen Schritten wird das Gericht gemischt und umgerührt. Auch an Nachtisch fehlt es in der zentral asiatischen Küche selbstverständlich nicht. Besonders bekannt ist Tschak Tschak, was auch im Silk Road auf der Speisekarte zu finden ist. Ungewöhnlich, nicht nur in der Form, sondern auch besonders süß im Geschmack, werden die frittierten Teigfäden mit Honig, Nüssen und Rosinen serviert. Zum Tee werden Maulbeerriegel aus Pamir gereicht.

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Viel Tradition und Motivation

Und nicht nur anhand des Essens lässt Damir seine Gäste an seiner Heimat teilhaben, auch die der Sinn für detaillierte Kleinigkeiten trägt dazu bei, sich im fernen Osten zu befinden. Damir hat stark darauf geachtet, auch in der Einrichtung Elemente seiner Herkunft einzubauen. Betritt man das Restaurant fällt einem direkt die große bunte Wand ins Auge. Und sie ist nicht einfach nur bunt, sie besteht aus vielen verschiedenen Kissenbezügen, bewusst ausgewählt in unterschiedlichster Musterung und Farbigkeit. „Kissen sind bei uns ein Zeichen der Gemütlichkeit“, sagt Damir. Dieses Gefühl wollte er auch für seine Besucher schaffen. Stilvolle Trennwände aus Holzästen geben dem Raum einen natürlichen Charme. „Da waren wir einfach im Park um die Ecke und haben uns die Stöcke zusammengesucht,“ lacht der junge Mann. An den Wänden sieht man einfach verputzte Flächen. Mit den eigenen Händen hat er hier den Ton grob verarbeitet. „So, wie bei uns in Pamir die Häuser gebaut werden.” Sitzt ihr im hinteren Raum des Restaurants lohnt es sich, einen Blick an die Decke zu werfen: Dort hängt ein großes Holzgestell. Original importiert aus Pamir, ist dies das Hauptelement aller traditionellen Häuser. Diese fünf Streben findet man dort in jedem Zuhause, sie halten das gesamte Haus stabil und stehen für die fünf Elemente, die die Bewohner beschützen. ”Jeden Tag, wenn ich darauf schaue, fühle ich mich sicher und geborgen.” Dass Damir dazu eine sehr emotionale Verbindung hat, kann ich spüren. Viel Gefühl steckt in allen Ecken: Im Essen, der Ausstattung und dem Umgang mit den Gästen. So fragt Damir mit sehr viel Neugierde seine Gäste nach ihrer Meinung zum Essen, was er sich stets zu Herzen nimmt. Nach wenigen Monaten der Eröffnung ist Damir immer noch Feuer und Flamme: „Ich trage so viele gute Emotionen in mir, die mich jeden Tag neu motivieren!“, sagt er. Mit viel Unterstützung, hat Damir, sich ein Stück Heimat nach Köln gebracht, für sich ein Zuhause geschaffen und hat sich damit einen Herzenswunsch erfüllt.

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